Obwohl das zentrale Hochland mit seinen 3000 m – 4000 m Höhe nur ein Drittel der Fläche Boliviens ausmacht, leben dort ca. 60% der Bevölkerung. Auch seine Verwaltungshauptstadt La Paz befindet sich darauf.
La Paz
Mit ihrem ehemaligen, höher gelegenen Stadtteil El Alto, der mittlerweile nach Santa Cruz zur zweitgrößten Stadt Boliviens mutiert ist, ist La Paz (als drittgrößte Stadt) mit El Alto das Zuhause von ca. zwei Millionen Menschen. Diese wohnen dort auf Höhenunterschieden von bis zu 1000 Metern. Manche Häuser wirken wie an den Hang geklebt und man möchte sich starke Regengüsse hier lieber nicht vorstellen. Tatsächlich stellt der oft illegale Eigenbau einiger Häuser eine bekannte Gefahr dar, wie wir in einem Gespräch mit einer Einheimischen erfahren haben.
Das größte städtische Seilbahnnetz der Welt entlastet seit 2014 den Verkehr der Stadt, der immer noch ein Alptraum ist und von aberhunderten von Minibussen beherrscht und verstopft wird. So muss man immer auch mit unvermuteten Gefahren rechnen, da hier entweder beim Fahrspurwechsel entweder gar nicht in den Spiegel geschaut wird oder der tote Winkel unbekannt ist. Gottseidank ist es bisher beim lautstarken Touchieren meiner Seitenkoffer geblieben.
Trotzdem können auch wir uns der Faszination dieser Stadt nicht entziehen und erkunden sie zu Fuß und bequem von oben aus den Gondeln.
TIPP:
Wer nach La Paz hineinfährt, sollte nicht die vorgeschlagene kürzere Route nehmen, sondern die längere Alternative über die Mautstraße (für Motorräder nicht zahlungspflichtig). Die kleineren Straßen sind teilweise extrem steil und heillos überfüllt.
Tiawanaku
Als Kontrastprogramm besuchen wir danach die, ca. 70 km entfernte, bedeutendste Ausgrabungsstätte des Landes. Sie wurde lange vor den Inka (1500 v. Chr. bis 1200 n. Chr.) von früheren Kulturen errichtet.
Bis heute ist davon noch längst nicht alles freigelegt und von den Archäologen enträtselt. Es handelt sich zum größten Teil um Tempel und rituelle Stätten. Aktuell finden dort auch wieder Zeremonien statt und für Einheimische ist es wieder ein spiritueller Ort.
Es wurden damals z.B. schon exzessiv und sehr erfolgreich Kartoffeln angebaut und Lamas gezüchtet. Die Tiere wurden komplett verwertet, vom Fleisch, über die Wolle bis hin zu den Knochen und dienten zudem noch als Opfergaben und Grabgefährten.
Berühmt ist vor Allem jedoch die Steinmetzkunst, die von einer überragenden Präzision zeugt, was die Winkel und ebene Beschaffenheit der Steine betrifft, die schon den Architekten der Inka Rätsel aufgab.
Wir rollen entspannt um viele Kurven und traumhafte Aussichten bis zur Fähre in Tiquina, die uns zur Halbinsel bringen soll, die dann später ins peruanische Festland übergeht.
Der Zustand der Fähre ist legendär und hat sich anscheinend in den letzten Jahrzehnten – gefühlt Jahrhunderten – nicht geändert. So fahren wir also noch frohgemut auf die wackligen Holzbohlen auf, aber spätestens, als uns mitgeteilt wird, dass wir rückwärts wieder rausmüssen, ist unsere Hochstimmung vorbei. Irgendwie schaffen wir es dann mit den geübten Jungs von der Fähre, unsere Schwergewichte wieder rückwärts raus zu bugsieren.
Wir finden, trotz typischer Schnippchen des Navis, unser Ziel im bolivianischen Copacabana, das nicht konträrer zu seinem brasilianischen Pendant sein könnte:
Keine halbnackten Mädels – sondern warm gekleidete indigene Frauen mit ihren typischen weiten bunten Röcken, keine Strandbars mit Caipirinhas – dafür kleine Lokale mit Essen, Kaffee und den ersten Pisco Sours, keine protzigen Autos, die sich an der Uferpromenade langsam dahinfahrend selbst darstellen – stattdessen ein paar Touristenbusse, die hier Backpacker auf der staubigen Piste abladen.
Trotzdem, uns gefällt es. Die Aussicht über die Boote auf den See ist bilderbuchreif und erst Recht der Sonnenuntergang.
Wir können Bolivien nur wärmstens empfehlen, wenn auch einige Menschen hier im Gegensatz zu den Brasilianern oder den Argentiniern etwas verschlossener wirken. Dafür sind sie noch nicht vom Tourismus verdorben und grundehrlich und authentisch.
Wer die Höhen nicht verträgt, kann immer noch auf die tropischen Tiefebenen und Täler mit subtropischen Klima ausweichen. Auch ein Teil des Pantanal, des Amazonas-Regenwaldes, trockene Savannen und feuchte Bergwälder findet man hier.
Nach wenigen Tagen des Müßiggangs nehmen wir die kommenden neun Kilometer bis zur peruanischen Grenze in Angriff.