Lima hält dieses Mal eitel Sonnenschein für uns bereit und wir sehen nichts (mehr) von den überschwemmten und verschlammten Strandbädern und Stadtteilen, die wegen des vielen Regens auch die Hauptstadt Perus betroffen haben.
Wie wir nun im Nachhinein erfahren, haben wir in den letzten Wochen mit Aussitzen und Ausweichen Alles richtig gemacht:
In den Bergen Ecuadors gab es inzwischen bei Alausí den 2. Erdrutsch – diesmal leider zusätzlich mit 16 Toten, auf der von uns gewählten Route durch die überschwemmte Provinz Guayas kürzlich auch noch ein Erdbeben und in Peru nach unserem letzten genutzten Wetterloch in Piura mittlerweile neue Überschwemmungen.
Wir nisten uns in Lima im angesagten Viertel Miraflores ein und genießen dort ein angenehmes städtisches Leben. Dort versorgen wir die Motorräder mit dem benötigtem Service sowie uns mit leckerem Ceviche und unseren besten Churros in Südamerika (aber auch die teuersten: Café-Restaurant Manolo). Den Tipp für das ausgebackene Spritzgebäck hatten wir von Martha, einer waschechten „Limeña“ (Einwohnerin von Lima) und mega-symphatischen Frau des deutschen Tourguides Frank Meyer.
Auch die Nachspeise „Suspiro Limeño“ (Seufzer aus Lima) probieren wir dank ihr und knicken vor einer Portion dieser Komposition aus Kondensmilch mit jeder Menge Eiern, Milch und satt Zucker zu dritt ein – das Dessert hat Etwas von „Gourmet-Astronautenkost“.
Trotzdem es uns in Lima so gut gefällt, brechen wir zur chilenischen Grenze auf und fahren entlang der schier unendlichen „Küsten-Panamericana“ weiter gen Süden. Wir haben das Glück, sowohl den legendären „Chapman’s Peak Drive“ in Südafrika als auch die „Adria-Magistrale“ auf dem Balkan schon gefahren zu sein – dieser Teil der Panamericana kann da als Endlos-Schleife durchaus mithalten, wie man ab der 2. Hälfte des Videos sehen kann:
Wir machen unter Anderem Halt in dem verschlafenen Küstenort Puerto de Lomas, wo wir das Hotel „El Abelardo“ mit Wohlfühlfaktor und Panorama-Blick direkt am Strand finden und uns die leutselige Wirtin den ein oder anderen wohlschmeckenden Pisco (Traubenschnaps) ausgibt. Wir hadern sehr mit der Abreise, entscheiden uns aber dafür, da wir mit Aussitzen schon viel Zeit verbraucht haben und wir in Chile noch „über die Berge“ müssen.
Der Grenzübertritt in Santa Rosa bei Tacna geht als Penibelster in unserer bisherigen Südamerika-Reise ein: Beim chilenischen Zoll hat die deutsche Bürokratie ihren Meister gefunden. Wir können verstehen, dass es eine schwierige Grenze ist und Chile weder Drogen, noch eingeschleppte Tierkrankheiten, keine nicht-endemische Pflanzenarten, Waffen oder illegale Migranten in seinem Land will. Unsere deutsche Krämerseele sieht auch noch einen pedantischen Laufzettel mit sechs einzusammelnden Stempeln ein, aber Thomas Nerven liegen blank, als er bei 30 Grad in praller Sonne unser gesamtes Gepäck abmontieren und durchleuchten lassen muss und ich kann nicht verstehen, warum man besagten Laufzettel nicht mit an den ersten oder gut sichtbar und zentral vor den diversen abzuklappernden Schaltern auslegen kann, wo er verlangt wird. Insgesamt frage ich drei Mal an verschiedenen Stellen nach dem Ausgabeort dieses Formulars und bekomme Antworten, wie „in der Stadt“, „im Hotel“ oder „bei einem Taxifahrer“, bis mir ein peruanisches Schlitzohr zwei Stück für 2,50 € verkauft. Später erfahren wir, dass es ihn umsonst in einem der Gebäude gegeben hätte. Nachdem Thomas beruhigt, Alles durchleuchtet, abgestempelt, gegengezeichnet und eidesstattlich unterschrieben ist und die durchaus freundlichen und geduldigen chilenischen Zöllner Alles abgesegnet haben, geht es nach 2,5 Stunden weiter. Gottseidank war nichts los.
Humberstone
Kurz vor Iquique besuchen wir die Geisterstadt Humberstone, die einst auf Grund und rund um den hiesigen Salpeterabbau entstanden ist. Salpeter war damals ein natürliches Düngemittel und wurde von dort in die ganze Welt exportiert, bis die Erfindung des Ammoniaks zur Stickstoffdüngerproduktion ihn als solchen allmählich ablöste. 1960 wurde die Niederlassung des Salpeterwerks Humberstone aufgegeben und all seine Gebäude wie Fabrik, Arbeiterunterkünfte, Schule, Handwerksbetriebe, Theater, Schwimmbad und Kirche verwahrlosten.
In Iquique selbst finden wir ein traumhaftes Appartement im 30. Stock mit Aussicht auf das Meer zu beiden Seiten und auf die Düne. Leider müssen wir erschreckt feststellen, dass Thomas schon wieder Etwas ausgebrütet hat:
Er hat Gürtelrose.
Das ist zumindest in einer chilenischen Großstadt besser, als unsere letzte erschreckende Diagnose in einer ecuadorianisch-kolumbianischen Grenzstadt.
Wir versorgen uns also dank kundiger Apotheker selbst und Thomas fährt wieder mal tapfer weiter.
Antofagasta
Dort machen wir natürlich einige dieser „must have“ Fotos von der berühmten Handskulptur in der Wüste (siehe Titelfoto) und treffen uns zuvor mit Francisca und Adiel, einem jungen chilenischem Biker-Pärchen, das wir im Dezember 2021 in Patagonien kennen gelernt hatten. Natürlich bekommen wir von den beiden auch noch einen Tipp, wie wir vor San Pedro de Atacama noch an ein paar Flamingos vorbeikommen.
San Pedro de Atacama
Wenn man hinter Calama mit der Ruta 21 einen Umweg nach San Pedro fährt, wird man nach dem Abbiegen in San Francisco de Chiu Chiu von einer traumhaften Gebrirgs- und Wüstenlandschaft überrascht. In unserem Fall ist es sogar grün und duftet nach Kräutern, denn es hat tatsächlich auch in der trockensten Wüste der Welt geregnet! Wir sind begeistert und fahren beseelt dahin, bis wir auf Grund eines zu schlammigen und tiefen Wasserlochs umkehren müssen.
Die zunächst öde, schnurgerade und direkte Ruta 23 nach San Pedro hingegen lässt erst ca. 30 Kilometern vor dem Ziel die Katze aus dem Sack und Ausblicke auf nahende Vulkane und sich gebirgig verändernde Landschaft zu. Nach ca. zehn weiteren Kilometern stockt uns dann vollkommen unerwartet der Atem: Was eine Landschaft öffnet sich vor und unter uns – wir fühlen uns plötzlich mittendrin in einem spektakulärem 4D-Dokumentarfilm über die Atacama und fahren ergriffen und demütig ob der Schönheit dieser Natur hinunter bis San Pedro. Entschuldigung für die Foto-Orgie, aber wer genau hinschaut, wird verstehen, warum – es fällt schwer, sich auf ein Motiv zu konzentrieren, denn hinter und neben einem Motiv lauern schon das oder die nächsten…
Patagonien und diese abwechslungsreiche und faszinierende Wüsten- und Steinlandschaft!
San Pedro an sich ist ein touristischer, aber sehr angenehmer kleiner Ort, an dem man gerne viel Zeit verbringen kann und will. Eigentlich mehr ein Dorf, denn wir treffen hier zufällig unseren Offroad-Trainer Andres aus dem weit im Süden liegenden Pucon, der hier in San Pedro im chilenischen Winter Kurse und Touren anbietet, zwei Fahrlehrer aus unserer kleinen Heimatstadt in Deutschland und schließen spontan neue herzliche Bekanntschaften mitten auf der Straße:
Aber die Zeit drängt – es wird langsam kälter und wir müssen bald auf die andere Seite der Anden, nach Argentinien, über den, an die 4800 m hohen, Jama Pass – bevor es schneit.
wieder einmal einfach Klasse! man erlebt, Kopfkino, vieles nochmal. Super! liebe Grüsse
Vielen Dank, lieber Frank! Kopfkino hatte ich auch schon beim Hochladen der Fotos. Würde am liebsten gleich nochmal zurückfahren .