Zunächst geht es nach Šiauliai zum Hügel der Kreuze – einem fast okkult wirkenden Ort mit eigentlich trotziger Bedeutung und Geschichte.
Ursprünglich soll er schon im Mittelalter eine Gebets- und Opferstelle gewesen sein, bis ihn die Kreuzritter zerstörten. Später soll, der Legende nach, erstmalig entweder ein Fürst oder der Vater einer genesenen Tochter zum Dank dort ein Kreuz errichtet haben.
Im Laufe der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts wurden immer wieder Kreuze zum Gedenken an die Gefallenen von Aufständen gegen die jeweilige russische bzw. sowjetische Inanspruchnahme Litauens aufgestellt – vermutlich sogar Aufständige hingerichtet. Nach der Wiederkehr der Gefangenen aus Stalins Gulag wurden weitere Kreuze sowohl aus politischen als auch aus religiösen Gründen hinzugefügt. Der ursprüngliche Wallfahrtsort bekam so mehr und mehr auch politischen Charakter. Die sowjetische Regierung hat mehrere Male versucht, die Kreuze zu entfernen bzw. zu vernichten – mit dem Resultat, dass danach nur noch mehr aufgestellt wurden. So wuchs die Zahl von 400 im Jahr 1940 auf angeblich über 40.000 im Jahr 1990 – bis auf über 50.000 Kreuze heute.
Die nächste Stadt, Kaunas, mit knapp 300.000 Einwohnern schon die zweitgrößte Stadt Litauens, ist ursprünglich nur als Zwischenstopp geplant.
Wir machen einen kurzen Ausflug zur Burg von Kaunas, die ihrer Zeit eine der widerstandsfähigsten war und die älteste Mauer-Burg Litauens ist und zum Fort IX, das eine Festungsanlage des 1. Weltkrieges war und heute eine Gedenkstätte für die Opfer des Stalinismus und des Nationalsozialismus ist.
Ansonsten fallen uns in Kaunas die vielen Baustellen in Vorbereitung zur EU-Kulturhauptstadt 2022 und die besonders kunstvollen Wandbilder auf.
Vilnius – eine wunderbar vielfältige Stadt
Nach all den vergangenen, auf Grund der Corona-Bedingungent teils ausgestorben wirkenden, Altstädten und Stadtzentren, wirkt die Hauptstadt Vilnius als größte Stadt Litauens mit ihren knapp 600.00 Einwohnern erfrischend lebhaft. Dies ist mit Sicherheit der mit Gründung in 1578 einer der ältesten Universitäten Mitteleuropas und den hier wohnenden Studenten geschuldet, die das Stadtbild und die vielen Lokale, Cafes und Bars bevölkern. Ein bisschen erinnert Vilnius uns daher an das Münchner Alt-Schwabing hinter der Uni. Im Vergleich zu Riga und Talinn gefällt uns Vilnius vermutlich auch deswegen bisher am besten von den baltischen Hauptstädten – es macht einen gekonnten Spagat zwischen der geschichtsträchtigen Altstadt und der modernen City.
Da wir erst sehr spät am Nachmittag ankommen, reicht es zeitlich leider nur für die Besichtigung der St.-Stanislaus-Kathedrale mit ihrem separaten Glockenturm, der Erklimmung des 140 m hohen Burgberges mit dem nach dem litauischen Großfürsten Gedeminas benannten und noch einzig erhaltenem Turm, der St. Anna-Kirche und einen Bummel durch die Altstadt.
Nach einem sehr wohlschmeckendem Essen in einer der vielen Lokale landen wir ausgerechnet in einer Champagner-Bar (dort ist es innen drin schön warm mit angenehmer Musik und W-LAN) und trinken noch genüsslich Bier vom Fass und Kusmi-Tee .