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Lappland

Die ersten Kilometer nach der norwegischen Grenze gestalten sich schnurgeradeaus durch scheinbar unendliche Nadelhölzer. Doch kurz bevor es anfängt eintönig zu werden, laufen uns auch schon die ersten Rentiere über den Weg. Für uns und andere Touristen sind diese Tiere mit ihrem samtüberzogenen Kopfschmuck in der Regel neu und possierlich anzusehen, für die Finnen jedoch ein Ärgernis, das immer wieder ihre Fahrt behindert und Unfälle verursacht. Unbekümmert und unermüdlich weidend, Millimeter von der befahrenen Straße entfernt und natürlich auch auf dieser, wirken die Tiere immer etwas orientierungslos und fast gelangweilt. Oftmals gar nicht oder erst spät wahrnehmbar, da sie mit der Farbe des Erdbodens verschmelzen und dann doch hin und wieder komplett weiß mit ihren gepelzten Geweihen, wie aus einem Disney-Film. Von ihrem drögen Verhalten sind sie eher mit unseren Kühen vergleichbar. Oft verlassen sie scheinbar nur notgedrungen und ungern nach mehrmaligem Hupen die Fahrbahn.

Das Wetter bessert sich etwas mit kaum noch Regen, weniger Wind und ein paar Grad mehr. Zunehmend änderte sich auch die Landschaft – Seen links und Tümpel rechts und mittendrin schon viele Mücken, wenn kein Wind geht. Riesige Sandbänke an ellenlangen Flussläufen, durchbrochen von einzelnen Bäumen und umringt von noch mehr Bäumen – hauptsächlich Birken und Nadelhölzern.

Wir haben uns als Zwischenstopp das kleine Flussstädtchen Ivalo ausgesucht, unweit der russischen Grenze. Knapp 50 km davor, bemerke ich einen Platten an meinem Hinterreifen und wir kommen gerade noch bis zur Stadt Inari, am gleichnamigen bekannten See, an eine Tankstelle. Dort scheint zufällig auch ein beliebter Motorradtreffpunkt zu sein, was vermutlich auch an den leckeren Burgern liegt, die man dort essen kann. Der Inhaber Raimo ist sehr hilfsbereit und lässt uns einen Großteil unseres Gepäcks und die Fat Lady mit dem Platten dort unterstellen, damit wir mit der verbliebenen Black Pearl noch bis zu unserer Unterkunft weiterfahren können – denn es ist natürlich Freitag Abend und keine Werkstatt oder Reifenhändler mehr erreichbar….

In der Nacht kontaktiert uns noch mit Hilfe des ADACs der örtliche Abschleppdienst, der mit uns für Samstag Morgen ein Treffen an der bewussten Tanke ausmacht. Wie sich am nächsten Tag herausstellt, kam der Chef des Abschleppdienstes, Hannu, höchstpersönlich. Er befreit uns von dem Horror-Szenario, die Fat Lady 500 km weiter bis zur nächsten BMW-Vertragswerkstatt bringen zu müssen und schlägt eine eigene Lösung vor. Und so kommt es, dass er die Fat Lady nicht nur bis Ivalo abschleppt, sondern auch noch einen passenden Reifen besorgt und montieren lässt, da er zudem noch eine eigene Werkstatt für seine Trucks und Abschleppwagen hat. Das Ganze auch noch in Rekordzeit bis Montag Vormittag um 10 Uhr! Danke Hannu!

Sie ist wieder da!

Da wir nicht mit einer so schnellen Lösung gerechnet haben, haben wir uns zwischenzeitlich in einem sehr gemütlichen Campingplatz in Ivalo bis zum Mittwoch Morgen einquartiert. Wie wir feststellen müssen, wird Ivalo von marodierenden Banden verschiedener Rentier-Gangs in Schach gehalten. Für die Einheimischen gehören diese auf Straßen, Parkplätzen und Firmengeländen streunenden Tiere zum Alltag – wir finden es immer wieder lustig, vor Allem, wenn sie sich am Kreisel als Blocker versuchen.
Wir nutzen diese „geschenkten“ zwei Tage zur Erholung nach der anstrengenden Nordkapp-Tour und für den Besuch eines Dorfes der Samen (den Ureinwohnern des nördlichen Skandinaviens) in Inari und einer Wanderung von Saariselkä auf einen Aussichtspunkt auf den Nationalpark.

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