Zwei Dinge locken uns an die Küste:
Zum Ersten die Hoffnung auf angenehmes Klima, verbunden mit ein bisschen Baden im Pazifik und zum Zweiten die Isla de la Plata, auf der es jede Menge von diesen komischen Vögeln mit den blauen Füßen geben soll – Blaufußtölpel eben.
Isla de la Plata
„Galapagos für Arme“ nennt man diese Insel auch und tatsächlich hat man hier nur die Möglichkeit zur Sicht auf Vögel und auf Schnorcheln mit Meeresschildkröten. Von März bis September könnte man auf dem Weg zur Insel sogar Buckelwale sehen. Wir haben aktuell November, aber die Vögel gibt es garantiert.
Auf der Insel stellt der Guide die Gretchenfrage nach der Länge der Tour und unsere Gruppe entscheidet sich leider für die „Fußfaulen-Option“, also nur Blaufuß- und Nazcatölpel – keine Fregattvögel, die würde man ja sowieso immer in Ufernähe sehen.
Dafür hat es tatsächlich Blaufußtölpel satt:
Argwöhnisch und gewissenhaft ihre Eier bebrütend, verteidigungsbereit ihre frisch geschlüpfte Brut bis hin zum „Schulkind“ behütend und natürlich tanz-watschelnd bei der Balz, in der ein oder mehrere Männchen mit ausgebreiteten Schwingen pfeifend um ein Weibchen herum her ihre Füße zeigen.
Dabei gilt: Je blauer die Füße des Freiers, desto größer sein Sex-Appeal.
Im Übrigen haben sie keine Scheu vor den Menschen und wer ihnen und dem Nachwuchs zu nahe kommt, nach dem wird wütend geschnappt.
🤓 Die blaue Farbe kommt von den Carotinoidpigmenten aus ihrer Ernährung von Fischen, die diese enthalten. Noch dazu haben die Schwimmhäute der Blaufußtölpel eine besondere Schicht aus faserigen Eiweißen, diese lässt nur blaues Licht reflektieren. 🤓
TIPP:
Die Fregattvögel sieht man tatsächlich dauernd über Einem fliegen, aber man sieht sie nicht bei der Balz und da wird es erst interessant:
Die Männchen besitzen einen leuchtend roten Kehlsack, den sie beim Werben um die Weibchen wie einen großen Luftballon vor sich aufblähen. Unser Guide hatte das, womöglich geflissentlich, verschwiegen. Erzählt also den Fußfaulen von dieser einmaligen Gelegenheit und stimmt sie um.
Strand und Meer und wir
Irgendwie hat das mit uns und diesem Urlaubsklischee noch nirgendwo geklappt. Deshalb sind wir fast schon beruhigt, dass auch dieses Mal das Wetter ein bisschen zu bewölkt ist und die Temperaturen 20 Grad nicht überschreiten. Wir machen also nur Strandspaziergänge und betreiben „Birdwatching extreme“ aus der Hängematte. Das halten wir eine Woche durch bis wir uns wieder „heim auf die Mopeds“ begeben und Richtung Quito fahren.
Ecuadors Hauptstadt Quito liegt in einem Tal auf 2850 m und ist damit die höchste Hauptstadt der Welt. Bei knapp drei Millionen Einwohnern wollen wir eigentlich nur für einen Reifenwechsel schnell rein und schnell wieder raus.
Aber, wie so oft, werden wir überrascht – trotz abgasqualmender LKWs und Busse ist die Luftqualität besser als z.B. in Frankfurt und es gibt einige Parkanlagen, die zum Verweilen einladen. Das Straßenbild erscheint uns erstaunlich sauber und das Fahrverhalten ist auch hier noch entspannt.
Quito platzt geradezu vor historischen Häuserfassaden, Museen aller Art und prächtigen Kirchen mit teils überbordenden Goldverzierungen. Unsere Lieblingskirche, die Basílica del Voto Nacional ist noch nicht so alt, ihr Bau wurde vor ca. 100 Jahren erst beendet. Sie ist die größte neugotische Kirche Amerikas und hat neben wunderbaren Buntglasfenstern im Inneren auch sehr kuriose Wasserspeier in Tierform an der Außenfassade. Wir machen uns auf deren Entdeckungstour und finden Alpakas, Gürteltiere, Schildkröten, Krokodile, Jaguare und weitere einheimische Tiere.
Der Äquator
Die Äquatorlinie kann man in vielen Ländern überqueren, aber nur ein Land heißt schließlich auch „Äquator“ – Ecuador.
So gibt es ca. 20 km von Quito auch das berühmteste und am meisten fotografierte Äquator-Monument. Wir haben Glück und erreichen es direkt nach der Öffnungszeit und während eines Spiels der ecuadorianischen Fußballnationalmannschaft während der Weltmeisterschaft. Daher können wir ein paar fast menschenleere Fotos schießen. Die Mopeds mit hinein zu nehmen ist übrigens nicht erlaubt, aber das macht fast gar nichts, denn schließlich wurde 1736 bei der Vermessung die Äquatorlinie hier nur auf eine Genauigkeit von 240 m bestimmt. Wir lassen auch deswegen Experimente aus, da wir zuvor schon deren Fragwürdigkeit im Internet recherchiert hatten.
Um der genauen Äquatorlinie auf die Spur zu kommen, fahren wir etwa 60 km nordöstlich von Quito zur Quitsato Solar Clock
Abgesehen davon, dass uns dort auch der Kompass des Smartphones die Nulllinie bestätigt, gibt es für ein paar Dollar eine Führung von Studenten zu diesem Projekt. Sie wissen viel Interessantes zur Geschichte der Bestimmung des Äquators und der Stellung des Planeten Erde, sowie der Sterne in unserem Sonnensystem zu berichten.
Gleich davor, wenn man aus Richtung Quito kommt, gibt es noch einen schönen Foto-Spot, den man mit den Motorrädern befahren kann.
So, geistig bereichert und fototechnisch befriedigt, fahren wir weiter zur Finca Sommerwind, die sich schon unweit der kolumbianischen Grenze befindet. Sie wird vom deutschen Auswanderer Hans betrieben, der dort in seinem Biergarten deutsche kulinarische Spezialitäten wie Currywurst, Bratkartoffeln, Jägerschnitzel und Leberkäse anbietet. Nebenbei ist es ein Campingplatz mit Cabañas und Treffpunkt für Reisende aus aller Welt. Wir treffen hier Michaela und Günther, ein mega-symphatisches Paar aus dem Westerwald mit denen wir ein paar sehr unterhaltsame Tage verbringen.
Eigentlich mehr ich, denn Thomas ist krank und verbringt die meiste Zeit mit leichtem Fieber im Bett und schläft. Schon seit Quito fühlt er sich schlapp, hat Muskelschmerzen und bekommt schlechter Luft. Wir verweilen eine Woche, in der Hoffnung, dass sich sein Zustand verbessert, müssen uns aber letztendlich eingestehen, dass ein Ende dessen nicht in Sicht scheint. Spontan buchen wir einen Flug nach Deutschland von Bogotá aus – die nächsten 1000 km werden wir schon irgendwie schaffen.
Tulcán
Leider müssen wir in der Grenzstadt zu Kolumbien wieder einen mehrtägigen Stopp einlegen, da Thomas nun hohes Fieber und Ausschlag bekommt. Wir behandeln selbst mit Kortison und Fiebermitteln, bis es ihm etwas besser geht.
Während seiner langen Schlafphasen entdecke ich den Friedhof von Tulcán mit seinen berühmten beschnittenen Buxbäumen und fotografiere einen um den anderen davon.