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Ein bisschen Brasilien

Die Spontanität, mal eben kurz nach Brasilien einzureisen, wird nur noch von unserem vorschnellem und chaotischem Grenzübertritt übertroffen:
In der uruguayischen Grenzstadt Rivera, die an die brasilianische Stadt Santana do Livramento anschließt, folgen wir brav dem freundlichen Wink eines vermeintlichen Polizisten, der an einem kleinen Wachhäuschen steht – bis mir auffällt, dass danach die Beschriftungen der Geschäfte nur noch auf portugiesisch sind. Wir hoffen noch einige Zeit auf eine richtige brasilianische Grenzkontrolle und kehren, als diese bis zum Stadtrand nicht auftaucht, doch mal lieber um – zurück zu diesem unscheinbaren Wachhäuschen. Dieses ist mittlerweile verwaist und von Beamten weit und breit keine Spur. Ein Wagen der, vermutlich, brasilianischen Straßenwacht, macht uns im Vorbeifahren Zeichen, dass wir nicht an dieser gut befahrenen Straße halten sollen. Ich  mache wiederum aufgeregt Zeichen, dass wir ihre Hilfe benötigen. Sie halten und wir lassen uns erst mal unsere Befürchtung bestätigen, dass wir uns bereits in Brasilien befinden. Wir erklären unsere Situation, dass wir offizielle Dokumente für die Mopeds zur Einreise und Reisepassstempel für uns brauchen. Die Jungs sind dann tatsächlich auch noch so nett, dass sie die zwei blauäugigen Deutschen ein paar Kilometer bis zu einem Grenzbüro neben einem Duty-Free Geschäft mitten in der Stadt eskortieren! 

So deutlich ist es leider nicht überall beschriftet…

Der, ebenfalls sehr freundliche, brasilianische Grenzbeamte gibt uns bereitwillig unsere Stempel im Reisepass, nicht ohne uns stolz noch ausschweifend etwas zur Geschichte und Tradition der Deutschen in Brasilien zu erklären. Der Mann in der Warteschlange hinter uns beweist eine Engelsgeduld… Nur für die Einreise der Mopeds ist der Grenzbeamte nicht zuständig und gibt uns den Tipp, es mal am Stadtrand an der Polizeistation zu versuchen. Den Stadtrand kennen wir ja schon und deshalb fahren wir wieder dorthin und entscheiden uns nicht für die Polizeistation, sondern für eine, die offensichtlich mit dem Finanzministerium zu tun hat. Eigentlich sind wir da auch richtig, nur dass der, wieder sehr freundliche, Beamte nicht weiß, was mit Motorrädern aus so einem exotischen Land zu tun ist. Er telefoniert mit seinem Chef und schickt uns wieder zurück in die Stadt. Der, natürlich ebenfalls sehr freundliche, Chef erwartet uns schon und stellt uns schließlich unsere temporäre Einreise für die Mopeds aus. Nebenbei warnt er mich noch wegen Thomas vor den brasilianischen Frauen, aber da bin ich auf Grund der Sprachbarriere mal ganz entspannt 😆. 

Sprachliche Verständigung in Brasilien

Das läuft meistens so: 
Ich frage zunächst, ob jemand spanisch oder englisch spricht.  Für englisch bekomme ich ein mitleidiges Lächeln und für spanisch die Antwort: „Mehr oder weniger“. Wenn ich dann spanisch spreche, bekomme ich die Antwort immer in reinstem portugiesisch. Und weil sie so gerne plaudern, sind die Antworten mitnichten kurz, geschweige denn langsam. So umwabern mich diese weichen und nasalen Laute also wie Nebel, der sich nur kurz lichtet, wenn ich eine Ähnlichkeit oder Übereinstimmung in meinem romanischen Sprachkästchen finde. Auch wenn wir, angesprochen von der brasilianischer Plauderstimmung in der Bank oder beim Bäcker, bemerken, dass wir kein portugiesisch verstehen, kennen die Brasilianer kein Erbarmen – sie unterhalten sich doch so gerne…

Da wir nun mal kurz über die Grenze gestolpert sind, nehmen wir den Tipp wahr, in die nahe gelegenen Berge der Region Rio Grande do Sul zu fahren. Wir bewegen uns also in diese Richtung und akklimatisieren uns erst Mal in dem angenehmen Örtchen Rosario mit hiesigen Caipirinha-Varianten, Polenta-Fritten und ausgebackenem Sperlingshuhn (englisch: chicken bird). 

In der nächsten Großstadt Santa Maria quartieren wir uns in einem preiswerten Hotel ein – es ist ein umgebautes und zum Teil noch betriebenes Altenheim. Wir liegen schon mal Probe und erfreuen uns an der kultigen Atmosphäres dieses Ortes. Die Gänge erinnern uns ein bisschen an „Shining“ und wir sehen die Filmszenen mit den Zwillingskindern und dem Filmsohn von Jack Nicholson vor uns ablaufen…

Von dort aus unternehmen wir unseren ersten Ausflug in die Vorgebirgslandschaft zu einem Wasserfall. Dieser liegt, gut versteckt, hinter einem Bauernhof im Wald. Nachdem hier etwas Fußmarsch angesagt ist, überlasse ich Thomas beim Bauern seinem Schicksal und der Möglichkeit zur übersetzungsfreien Kommunikation. Ich wiederum kann nach einigen Metern die besorgte Bäuerin samt Enkelin abhängen und finde den Trampelpfad und die Wegweiser aus blauen Seilen, die mich über einen Bach bis zum Wasserfall führen. Während meiner Abwesenheit hat Thomas inzwischen erfolgreich mit Hand und Fuß erfahren, wie man Mandarinen frisch vom Baum verspeist (indem man sie aussaugt und anschließend wieder ausspuckt) und wie der Bauer seine Zigaretten aus hauchdünnem Holz und gepresstem Tabak rollt und raucht. 

Auch hier im äußersten Süden Brasiliens bestimmt Mate, der nun Chimarraõ heißt, das alltägliche Erscheinungsbild. Es gibt ihn nun auch für eiskalte Zubereitung zu kaufen. Der Konsum ist exzessiver als bei uns das Kaffeetrinken, aber es gibt nun auch wirklich guten Kaffee. Die Städte sind geprägt von (noch) mehr Kirchen, die auch tatsächlich zu den Gottesdiensten befüllt sind. Auch das, für unsereiner, undurchsichtige Durcheinander von z.B. methodistischen, baptistischen, presbyterianischen und katholischen Kirchen fällt uns auf. 

Leider werden wir von Google Maps vor Überschwemmungen gewarnt, die sich an unseren nächsten Zielpunkten in den Bergen befinden und so können wir in den kommenden Tagen nur noch wenig die Landschaft um uns herum erkunden. Doch was wir sehen, gefällt uns – immer noch diese knallgrüne Farbe der Pflanzen, weites Weideland, das nur von Tümpeln und abgesackten Bodenfurchen unterbrochen wird, die den typisch roten Boden und teilweise auch Sand preisgeben und nicht zu vergessen, der herrliche und dichte Wald mit Wasserfällen und Bächen, der in den bergigeren Regionen beginnt und schon die Heimat des Jaguars ist. Schade, dass wir jetzt keine mehr Zeit haben, um mehr von diesem Land mit seiner prächtigen Natur sehen zu können. Wir mögen Brasilien und bedauern, nicht mehr davon gesehen zu haben!

Etwas wehmütig verabschieden wir uns deshalb von diesem, eigentlich nicht eingeplantem, Land und fahren wieder Richtung Argentinien, denn unser Abflugtermin in Buenos Aires rückt näher.

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