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Pässe-Poker in den südlichen Anden

Wir machen kurze Foto-Stopps in der immer wieder unwirklich wirkenden und faszinierenden Landschaft des Jama-Passes und donnern weiter Richtung Süden, denn wir wollen mal wieder etwas Patagonien schnuppern.

Danach folgen wir im Großen und Ganzen der Ruta 40 südwärts und stolpern dabei über ein weiteres Stück unangenehmer Schotterpiste zwischen Malargüe und Chos Malal, das ca. 100 km ausmacht. Aber immerhin befinden wir uns ab hier schon im patagonischen Teil Argentiniens und die Vorfreude wächst. Malargüe ist somit schon ein beliebter Wintersport-Ort, dafür aber außerhalb der Saison eine unauffällige und gemächliche Kleinstadt, die immer ein Plätzchen für Durchreisende hat.
Wir mögen das.

Abermals fahren wie die malerische 7-Seen-Route mit ihrem Alpen-Charme von San Martin de los Andes nach Bariloche und wollen diesmal ins unbekannte Städtchen Esquel in der Provinz Chubut, das uns von vielen einheimischen Motorradfahrern empfohlen wurde. 

Leider brennt der nahe liegende Nationalpark Los Alerces schon seit Wochen und der Rauch und die Asche dringen auch nach Esquel. Irgendwie können wir uns daher dafür nicht wirklich begeistern und fahren lieber ein paar Kilometer weiter ins nah gelegene Trevelin.
Dieses kleine Städtchen hat ein relativ ungewöhnliches Flair – nämlich ein walisisches. Hier trafen 1885 walisische Einwanderer auf die heimischen Mapuche und Tehuelche. Einig waren sie sich nur 1902, als es darum ging, ob dieses Gebiet zu Chile oder zu Argentinien gehören sollte. Seitdem ist es also argentinisch. Ein Hingucker für Jedermann ist der Drache, der direkt dem walisischen Wappen entflohen und auf dem Dach der Touristeninformation des Hauptplatzes gelandet zu sein scheint und zwei Mal am Abend Feuer spuckt. Auch von Trevelín aus färbt sich der dicke Qualm der Flammen vom Nationalpark im Sonnenuntergang noch rot.

Paso Futuleafú

Nachdem eine Ausfahrt dorthin nun obsolet ist, entschließen wir uns über den nächsten Andenpass, den Paso Futuleafú, nach Chile überzuwechseln. An der Grenze machen wir Bekanntschaft mit Boris. Er und seine DesertX begleiten uns diesen einfachen und wunderbareren  Schotterpass entlang, der uns zurückführt in die unvergleichliche Schönheit der Carretera Austral. Sofort werden wir wieder in ihren Bann gezogen und würden am liebsten gleich noch weiter im chilenischen Patagonien südwärts  fahren. Jedoch wird die Zeit ein bisschen knapp – wir müssen langsam wieder zurück gen Norden, denn wir haben einen wichtigen Termin in Valparaiso. 

Das berüchtigte feuchte Wetter der Carretera Austral schlägt wieder voll zu und so nehmen wir pragmatisch die Fähre von Chaíten nach Puerto Montt. Wir wollen nun auf dieser Seite der Anden, in Chile, die 7-Seen-Route fahren, bekommen aber auch  hier noch viel Regen und nur wenig Sicht ab.  

Paso Huahum

Versöhnt werden wir mit besserem Wetter und spektakulären Aussichten auf der Strecke von Panguipulli nach Puerto Fuy zur Fähre über den schönen Pirihueico-See mit dem Vulkan Choshuenco im Hintergrund.

Daran anschließend nehmen wir den nächsten Anden-Pass, den Paso Huahum, wieder zurück nach Argentinien. So schön wie die Aussicht zuvor, so enttäuschend ist der Pass selbst: Links verstaubtes Gebüsch, rechts verstaubtes Gebüsch und unter einem staubige, langweilige Schotterpiste – kann man, muss man aber nicht. Erst kurz vor Schluss erhascht man einen Blick aufs Gebirge. Wir landen so, einigermaßen ernüchtert, wieder auf der argentinischen Seite bei San Martin de los Andes. 

Paso Mamuil Malal (Paso Tromen)

Nach einer kurzen Schlaufe nordwärts über Junín de los Andes wenden wir uns abermals der chilenischen Grenze zu. Entlang des wunderschönen Vulkans Lanín enden wir nach der gemischten Schotter- und Vulkanasche-Piste der argentinischen Seite direkt an der Grenzstation zu seinen Füßen.

Auf chilenischer Seite wechselt der Fahrbahnbelag auf Asphalt, der sich durch den Nationalpark Villarica und vorbei am majestätischen, oft qualmenden, gleichnamigen Vulkan Villarica, bis nach Pucòn hinunterschwingt. Was eine Landschaft!

Paso Pehuenche

Auf Chiles Straße 115, entlang des Flusses Maule, fahren wir schließlich einem Royal Flush entgegen: Nach an einigen gefälligen Gesteinsformationen und einem – bei Aufwind – umgekehrten Wasserfall folgt ein durch-asphaltierter Pass, der uns entlang der Laguna del Maule, einem ca. 500 Quadratkilometer großem Vulkanfeld mit einem 70 Quadratkilometer großen See auf über 3000 hm von der chilenischen Seite wieder vorbei an bunten Bergen auf die argentinische Ruta 40 führt. Wir kommen demütig ob der Schönheit und der Harmonie dieser Eindrücke unten an und befinden uns schnell wieder in bereits beschriebenem Malargüe und somit schon in der Provinz Mendoza.
Und wen treffen wir da am Straßenrand? Boris – der war inzwischen in Ushuaia während wir über die Pässe getrödelt sind. Tatsächlich treffen wir ihn nochmals zufällig auf der anderen Seite der Anden in der Millionenmetropole Santiago de Chile – wie klein ist doch die Welt der Reisenden…

Paso Los Libertadores

Dies ist der wichtigste, am meisten befahrene aber nicht minder imposante Pass zwischen Argentinien und Chile und damit ebenso ein Royal Flush. Er ist (fast) das ganze Jahr über geöffnet. Von Mendoza aus fahren wir die Ruta 82 Richtung Potrerillos, um die Ansicht des mächtigen Stausees zu genießen. Erst danach wechseln  wir auf die Ruta 7 nach Uspallata. Wir nehmen uns die Zeit und machen Zwischenstopp in Uspallata, um die weitere Überfahrt länger genießen zu können. Unterwegs bekommen wir noch die Empfehlung, heute wegen Steinschlaggefahr nicht bei dem starkem Wind zu fahren und sind auch deshalb froh, den Stopp eingeplant zu haben. Nach Uspallata geht es ans Eingemachte – wieder auf über 3200 hm und trotzdem merken wir den Wind oder die Kälte kaum, da wir gebannt auf die Berge um uns blicken. Wir halten an der farbigen Naturbrücke „Puente del Inca“ und natürlich am Aussichtspunkt zum höchsten Berg ganz Amerikas, dem 6961 m hohen Aconcagua. Er ist der höchste außerhalb Asiens. Mega!

Für die Freunde der bewegten Bilder liegen hier die Pässe im Showdown:

Mit diesem vermeintlich letzten Highlight nähern wir uns Santiago de Chile und auch Valparaiso. Dort wollen wir unsere treuen Gefährtinnen Black Pearl und Fat Lady wieder nach Hause schicken um in Deutschland nach leichteren Motorrädern zu suchen. Ich persönlich befinde mich wegen der Heimatverschiffung der Mopeds in einem Zustand zwischen Panik, Schockstarre und Depression – Thomas hingegen ist zuversichtlich und guter Dinge. Daher übergeben wir die Mopeds unserer Spedition des Vertrauens (InTime) und kehren maschinenlos nach Santiago zurück. 

Wir haben jetzt doch noch ein paar Tage Zeit bis zu unserem Abflug nach Hause. Was machen wir damit?

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