Dort gibt es nur noch Regenwald oder Flüsse, die in den Amazonas münden und noch weiter in den Regenwald führen. So hat man uns den Hafen von „San Francisco de Orellana“ oder kurz „El Coca“ als Ausgangspunkt für eine Tour empfohlen, denn von dort sei der Nationalpark Yasuni nicht mehr weit.
Amazing Amazonia
Die Fahrt dahin ist ein kurviger grüner Traum, der doch etappenweise wieder Schlaglöcher von nicht unbeachtlicher Größe bereithält. Für diese Fälle gibt es hier, wie auch schon in Peru, die „Lochauffüller“, die aus dem Versagen der infrastrukturellen Verwaltung des Staates oder der Provinzen eine Tugend machen und sich mit dem Zuschippen der Löcher etwas dazuverdienen. Man hält am Besten immer etwas Kleingeld für sie bereit.
Wir können uns kaum satt sehen an dieser saftigen Natur und könnten, gefühlt, ewig so weiterfahren. Bei der anschließenden Ankunft in El Coca erschlägt uns das Klima am Anfang förmlich, so heiß und feucht ist es. Zum ersten Mal testen wir nicht routinemäßig in der neuen Unterkunft, ob das heiße Wasser funktioniert. Wir duschen kalt.
Man ist hier auf Touristen eingestellt und trotzdem sind es gerade nur wenige und die entsprechenden Angebote finden je nach Nachfrage statt. Am Hafen erkunden wir die verschiedenen Tourenanbieter und entscheiden uns für einen kurzen Ausflug auf dem Fluss Napo zu einer indigenen Gemeinschaft.
Diesen machen wir am nächsten Tag und fahren mit dem Boot ein kleines Stück weiter ostwärts. Wie wir nach der Ankunft in einer kurzen Diskussion zwischen einem Bewohner und unserem Guide mitbekommen, ist unser Besuch hier unangekündigt und sie müssen sich erst einigen, wer von den beiden uns nun eigentlich bespaßen soll. Der Bewohner, der zugleich auch der hiesige Schamane ist, zieht den Kürzeren und lässt erst Mal etwas zu essen für uns vorbereiten.
Währenddessen heißt er uns willkommen und bemalt uns als Zeichen der Gastfreundschaft. Er ist hier sozusagen der Bewahrer der alten Gebräuche und Handfertigkeiten, während die anderen der Gemeinschaft wohl alle auf den umliegenden Ölfeldern arbeiten. Das ist leider die Realität, selbst angrenzend an und illegal in den geschützten Gebieten wird noch abgeholzt, gefördert und nach Gold geschürft. Deswegen sei es so wichtig, das alte Wissen zu erhalten und so zeigt er uns seine Heilpflanzen und erklärt auch die teils halluzinogene Wirkung einiger davon.
Als die Nachfrage nach einem Schamanen-Ritual aufkommt, melde ich eifrig, dass Thomas dringend einer spirituellen Reinigung bedarf. Während dieser schlägt sich Thomas tapfer und zuckt mit keiner Wimper als ihm Rauch ins Gesicht geblasen oder er mit einem Laubwedel fachmännisch gepeitscht wird. Nur als der Schamane ihm mit seinem Mund mehrmals eine sauer riechende Flüssigkeit über Gesicht und Körper prustet, meine ich ihn leicht schaudern zu sehen.
Ich verköstige hingegen lieber ein fermentiertes Yucca- Getränk (Chicha de Yucca), das tatsächlich sehr bekömmlich ist – weniger süß als die, ebenfalls alkoholische, Maisvariante, die mir in Peru auch schon sehr geschmeckt hatte. Ähnlich wie beim Federweißen ist es je nach Stand der Fermentation mehr oder weniger süß.
TIPP:
Wir haben uns nur einen kleinen Halb-Tagesausflug geleistet. Viel interessanter und intensiver sind die mehrtägigen Ausflüge mit Übernachtungen, die hier in San Francisco de Orellana ca. 600 $ pro Person für 3 Tage kosten. In weniger bekannten Häfen, wie z.B. Puerto Misahuallí bekommt man dies wesentlich günstiger. Einen Einblick dazu gibt es im Blog von Barbara und Robert:
Starke mutige Frauen
Kulinarisch machen wir in El Coca noch eine Entdeckung im „Casa del Maito“, wo es nicht nur das traditionelle und sehr aromatische Gericht „Maito“ mit Fisch oder Fleisch in gegarten Bananenblättern gibt.
Der Chef zeigt uns auch stolz seine heutige Spezialität: Chontacuros – fette wurlende Riesenlarven, die sich ausschließlich von Palmenherzen ernährt hätten, wie er uns versichert. Mäßig beruhigt ob dieser Information täusche ich trotzdem keine falsche Bescheidenheit vor und behaupte, dass wir so etwas schon immer mal probieren wollten.
Thomas bestellt sich schnell noch etwas Anderes und so stehen sie dann bald, erst gedünstet und dann knusprig angebraten, vor mir. Nur leicht gesalzen, so seien sie am Besten: Sie sind erstaunlich lecker, schmecken etwas nussig und auf jeden Fall besser als Schnecken.
Auch Thomas probiert, will mir aber nichts wegessen.
🤓 Es sind Larven des Palmenenrüsselkäfers, der ein palmenspezialisierter Schädling ist. 🤓
Die kulturelle Entdeckung im Städtchen selbst ist das Museum MACCO (Museo Arqueológico y Centro Cultural de Orellana). Dort gibt es neben vielen interessanten Details zu den einheimischen Indigenen auch eine Ausstellung von deren Urnen. Sie stehen im krassen Gegensatz zu den z.B. aufwändig präparierten und geschmückten Bestatteten der Völker an den Küsten Perus und begeistern mich durch ihre naive Schönheit und dennoch starke Ausdruckskraft.
Schweren Herzens verlassen wir diese üppige Landschaft in Richtung Küste, wo wir ein paar Tage die Seele baumeln lassen wollen: