Wir fahren nun Richtung Essaouira, für das sich sowohl Einheimische als auch Touristen begeistern. Anfangs entlang der Küste, bis wir dann ins abwechslungsreichere Landesinnere abbiegen. Hier führen uns kurvenreichere Straßen über Hügel, vorbei an Bananenplantagen und durch kleine Orte hindurch. Erst kurz vor Essaouira kommen wir wieder ans Meer.
Wir quartieren uns in dem originellen Hostel „Surf-House“ ein, in dem jeder Wohnraum sein eigenes Motto hat. Wir haben z.B. das Musik-Zimmer mit Wandbildern verschiedener Künstler aus den 60er bis 70ern und es gibt auch Bademäntel in meiner Lieblingsfarbe, die ich natürlich prompt nutze. Am nächsten Tag machen wir uns auf in die Medina. Trotz dem üblichen quirligen Innenleben einer Medina hat diese doch irgendwie auch einen ungewöhnlich entspannten Touch, der vermutlich etwas von der Surfer-Klientel geprägt ist und so genießen wir zum Abschluss unseres Rundgangs einen Kaffee bei Reggae-Klängen von Straßenmusikern auf dem Platz, der die Medina vom Hafen trennt. Am Hafen selbst ist am frühen Nachmittag immer noch Fischmarkt und es gibt von Fischen, Meeresfrüchten bis hin zu Krustentieren Alles direkt, was das Meer heute hergegeben hat. Kurz überlegen wir, ob wir auch gleich vor Ort etwas davon frisch gegrillt essen sollen, entschließen uns aber dagegen, als ich sehe, wie einer großen Seespinne lebendig die Beine ausgerissen werden, bevor sie auf den Rost kommen. Auch in Essaouira könnte man durchaus noch ein bisschen verweilen, aber unsere Tage bis zur Abfahrt der Fähre sind schon gezählt und so locke ich Thomas weiter die Küste rauf nach Oualidia zum Austern essen.
Es ist wieder mal ziemlich windig von der Seite und wir fahren deswegen in konstant leichter Schräglage weiter durch scheinbar endlose Landstriche mit Arganbäumen, die dann allmählich wieder in Olivenhaine übergehen. Sowohl die landwirtschaftlichen Erträge des Arganöls, das bei uns vor Allem wegen seiner kosmetischen Eigenschaften berühmt ist, als auch die der Oliven sind am charakteristischsten für Marokko. Wir lieben den einzigartigen Geschmack der hiesigen Oliven und ich persönlich verzehre auch lieber das Arganöl in Form von Amelou – einer Paste aus Arganöl und gerösteten gemahlenen Mandeln, die mit Brot gegessen wird – sozusagen ein Superfood-Nutella.
Obwohl wir keine Fans von großen Städten sind, haben wir uns die Hassan II Moschee in Casablanca vorgenommen, die die zweitgrößte Afrikas ist und als einzige Moschee Marokkos Einlass für Touristen bietet. Wir wühlen uns also ca. zwei Stunden durch den Berufsverkehr der über drei Millionen Einwohner zählenden Metropole um einen Blick auf das, mit 210 m, zweithöchste Minarett der Welt zu werfen – denn für eine Besichtigung ist es leider zu spät.
Als unser letztes Ziel vor der Abfahrt in Tanger wählen wir Asilah, das wir schon bei unserer Ankunft in Marokko kurz besichtigt hatten. Wir genießen es als Ausklang unserer Marokkoreise. Es ist noch typisch marokkanisch, aber schon mit süd-europäischem Flair, sehr sauber und einer kleinen aber feinen Medina, in der man nicht von allen Seiten zum Kaufen der angebotenen Waren bequatscht wird. Wir haben über Booking im „Al Hambra 2“ das Appartement mit einem Schlafzimmer gemietet, das einen wärmenden Südwest-Balkon für diese Jahreszeit hat und in der tatsächlich auch Alles OK ist – vom warmen Wasser, über die Kücheneinrichtung bis zum bequemen Bett. Wir fühlen uns so richtig wohl und lieben mittlerweile Alles, was Marokko ausmacht:
Die unzähligen kleinen Läden für Dienstleistungen aller Art, Geschäfte mit verrosteten Ersatzteilen für sämtliche Mechanik oder Elektronikschrott, Polsterwerkstätten, Schreinereien, Schneider, Lebensmittelhändler, Schuster, Essensverkäufer, Straßen-Metzger, Imbisse, Märkte, Altkleider, Alles dicht an dicht. Den mittäglichen Duft nach Tajine, die verboten leckeren Kekse, das gute Brot und die besten Oliven, die vielen Tee-Salons und Café-Häuser. Frauen und Männer in Kaftanen, noch auf der Straße spielende Kinder, den chaotischen Verkehr, die streunenden Hunde und Katzen und den allgegenwärtigen Staub und Sand. Sogar an den, zum Gebet rufenden, Muezzins finden wir mittlerweile Gefallen und entdecken darin viele Varianten – vom Feldwebel-ähnlichem Gebrüll bis hin zu kunstvollem Singsang. Und nicht zu vergessen, die fantastischen und unterschiedlichen Landschaften vom Meer über Berge, Wüste und Oasen.
Asilah macht uns den Abschied noch schwerer – es kommen Gedanken wie „idealer Ort zum Überwintern“…
Wir verbringen noch einen sehr schönen und leckeren Nachmittag, kurz vor Tanger, in einem Strandlokal unterhalb von Kap Spartel mit den letzten Köstlichkeiten: Bisarra (Suppe aus Schälerbsen), Sardinentajine, frittierten Anchovis, gebratenem Fisch, gegrillten Sardinen und Scampis, die von selbst aus ihrer Schale fallen.
In der nächsten Nacht nehmen wir die Fähre nach Genua und lernen dort noch kurzweilige Leute wie Voitech aus Tschechien oder Johan aus Rumänien kennen, die schon viel von der Welt gesehen und jede Menge Tipps für uns haben.
Au Revoir Maroc – Inschah Allah!